Flunterns Zeitung

«Was man schwarz auf weiss besitzt, kann man getrost nach Hause tragen», so Goethe vor gut 200 Jahren im «Faust». Die Zeiten scheinen vorbei. Gedrucktes auf Papier braucht es immer weniger. 
Jedoch es gibt Ausnahmen. Die Geschichte der Zeitschrift «Fluntern» beweist es. Seit 70 Jahren erscheint sie: Gedruckt und auf Papier.

Fluntern 1835 – Stolz auf seine Unabhängigkeit
In der Gemeinde wohnen gegen 1000 Menschen zerstreut am Fusse des Zürichbergs. Sie leben gut vom Weinbau und von der Landwirtschaft. Ihre Kirche hat noch keinen Turm und keine Glocke. Und für die Ordnung sorgt ein Nachtwächter. Dreimal im Jahr treffen sich Fluntern Männer im Gesellenhaus am Vorderberg, um bei einer «Mass Wein» ihres Ratsherren Jörg Irrnigers zu gedenken. Zürich, die Stadt zu ihren Füssen, interessiert weniger.

Fluntern 1893 – Eingemeindung mit unheimlichen Gefühlen
«Fluntern zählt zu den bestsituierten Gemeinden um Zürich. Es gehört zu den Vororten, die sehr wohl ohne Stadtvereinigung ausgekommen wären, und man braucht sich nicht darüber zu verwundern, dass die Bestrebungen, die Ende der achtziger Jahre mit Wucht auf die Eingemeindung der elf Orte um Zürich drängten, in Fluntern nicht eitel Gegenliebe fanden. Noch im Sommer 1890 spricht der Fluntermer Gemeinderat von ‹unheimlichen Gefühlen›, die das Eingemeindungsprojekt in Fluntern geweckt hätten.»

Fluntern 1956 – Wider eine «unförmige Masse»
Als nicht ganz unberechtigt erwiesen sich diese «unheimlichen Gefühle, denn: «Nach der Stadtvereinigung von 1893 schienen die Behörden es darauf angelegt zu haben, die Erinnerung an die alten Gemeinden möglichst rasch und gründlich auszulöschen». (A.H. Sieber in: «Fluntern» 1/1956). «Aber», so Stadtpräsident Emil Landolt 1956, «das Bewusstsein innerhalb der ständig grösser werdenden Stadt eine Gemeinschaft zu bilden, ist den Fluntermern geblieben. Um nicht eine unförmige Masse zu werden, tut eine Auflockerung gut. Eine eigene Zeitung jedenfalls ist ein ausgezeichnetes Mittel, um dieses Ziel zu erreichen …». 

Dank und Glückwünsche des Stadtpräsidenten galten Karl Schippert, Besitzer der Buchdruckerei Fluntern und dem Coiffeurmeister Jacques Isler, als die im Juni 1956 die Quartierzeitung «Fluntern» ins Leben riefen. Niemand wagte damals eine Prognose, ob diese Zeitschrift längere Zeit Bestand haben würde.

Als im Oktober 1958 Isler die Redaktion nach zwei Jahren niederlegte, wurde Harry Herz, eigentlich kein Journalist, sondern Typograph, gebeten, die redaktionelle Arbeit zu übernehmen. Harry Herz: «Ich tat dies mit Freude, denn nicht nur der Standort der Druckerei Schippert & Co verband mich mit Fluntern, sondern ebenso sehr der rege Kontakt mit seiner Bevölkerung.» 

«Fluntern» wurde ihm zur Herzensangelegenheit. 24 Jahre lang.

1982 übernahm Regine Kretz die Redaktion. Mit ihr wurde die Arbeit erstmals durch eine profilierte Journalistin geleistet. Durch sie wurde «Fluntern» für Fluntern unverzichtbar. Und Regine Kretz zu einer «Institution» im Quartier.

Volle 25 Jahre prägte sie die Zeitung «Fluntern». Dann gab sie die Redaktion an Martin Kreutzberg ab. Wieder ein «Quereinsteiger» im journalistischen Metier. Aufgewogen wurde dies etwas durch seine enge Verbindung mit Fluntern. 2016 musste er aus gesundheitlichen Gründen die Redaktion abgeben.

Damit stand wieder einmal die Existenz von «Fluntern» zur Disposition. Doch das Schicksal meinte es offensichtlich gut mit «Fluntern»: Der Vorstand des Quartiervereins Fluntern schrieb den Auftrag für eine neue Quartierzeitschrift aus, und Anton Ladner und die «Medien AG» – mit ihr neu ein professioneller Verlag – übernahmen «Fluntern».

Und so gibt es sie immer noch: Flunterns Zeitung. Seit 70 Jahren. Ihr Erscheinungsbild hat sich in diesen Jahren mehrfach geändert, aber eines blieb sie immer: eine Zeitung aus Fluntern für Fluntern.