Anwesenheit vom Standpunkt der politischen Polizei unerwünscht – Walter Kölliker

An das Leben des Schweizer Antifaschisten Walter Kölliker erinnert ein «Stolperstein» an der Plattenstrasse 68.

Die «Stolpersteine», eine Initiative des Künstlers Gunter Demnig, gedenken des Schicksals von Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert oder ermordet wurden. Es gibt inzwischen über 75 000 Stolpersteine in ganz Europa. In Zürich 16. Einer, an der Plattenstrasse 68, erinnert an das Leben des Schweizer Antifaschisten Walter Kölliker.

Walter Kölliker wurde 1898 in Zürich geboren. Seine Jugend verbrachte er in Männedorf und Herrliberg. Seit 1923 war er in Jessen an der Elster in Deutschland ansässig, wo er eine Gärtnerei betrieb. 1928 stellte Kölliker den Antrag auf Einbürgerung in Preussen, was ihm unter Vorbehalt der Entlassung aus der schweizerischen Staatsangehörigkeit zugesichert wurde. 1930 gab der Regierungsrat in Zürich seinem Entlassungsgesuch statt.

Wiederaufnahme in Anbetracht seiner politischen Einstellung ausgeschlosssen

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise geriet Walter Kölliker zunehmend unter Druck. Ende 1930 musste er Konkurs für seinen Gartenbaubetrieb anmelden. Dazu kam, dass Preussen 1931 seine Aufnahme ins Bürgerrecht ablehnte, womit er staatenlos wurde. Walter Kölliker nahm nun eine journalistische Tätigkeit in Halle auf und arbeitete für kommunistische Tageszeitungen. Auch nach der Machtübernahme Hitlers Ende Januar 1933 blieb Kölliker aktiv im Widerstand gegen die Nazis. Und wurde verhaftet. «Durch den politischen Umsturz im Frühjahr 1933 hat sich dann meine Lage erneut verschlechtert, da ich gegen den Nationalsozialismus eingestellt und auch tätig war. Infolge meiner politischen Tätigkeit bin ich im November 1933 verhaftet und auf Grund eines Sondergesetzes vom 14. 7. 33 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.» Mitte 1935 stellte er aus dem Gefängnis heraus ein Gesuch um Wiederaufnahme ins Schweizer Bürgerrecht. In der Schweiz lebte seine Familie: der Vater, die Schwester, seine ehemalige Frau und seine beiden Söhne. Der Chef der Polizeiabteilung des EJPD Heinrich Rothmund lehnte ab: eine Wiederaufnahme in die Schweiz sei «in Anbetracht seiner politischen Einstellung ausgeschlossen», denn dies komme nur «für gutbeleumundete und politisch einwandfreie Personen in Frage.» Mit Folgen für Walter Kölliker.

Das NS-Regime hatte inzwischen die sogenannte «Schutzhaft» eingeführt. Gegner des Nationalsozialismus konnten ohne Gerichtsverfahren in Konzentrationslager verschickt werden. Walter Kölliker wurde aus dem Gefängnis in das KZ Sachsenhausen deportiert. Als «Häftling 1026» kam er dort am 6. Juni 1938 ums Leben.

«Sie», die Schweizer Behörden, «hätten seinen Tod verhindern können. Sie wussten genau, was eine Rückweisung bedeutet», so Timothy Kölliker, sein Enkel.

Dass Walter Kölliker nicht völlig in Vergessenheit geriet, ist der Maturaarbeit von Vincent van Kleef zu verdanken. Und seit November 2022 erinnert neben dem Stolperstein an der Plattenstrasse auch eine Erinnerungstafel in Herrliberg an ihn: «Er ist für seine Überzeugungen eingetreten und hat für die Freiheit gekämpft» (Gaudenz Schwitter, Gemeindepräsident vom Herrliberg.)

Martin Kreutzberg
Mit Dank an Timothy Kölliker und den «Verein Stolpersteine Schweiz»