Von Ausschaffung bedroht
Im Juli 1934 findet in der Plattenstrasse 52b der aus Nazideutschland geflüchtete Schauspieler Wolfgang Langhoff Unterkunft.Ihn hat der Besitzer des Schauspielhauses Ferdinand Rieser an sein Theater engagiert. Für Rieser ist es zweitrangig, dass Langhoff Kommunist ist. Wichtiger ist ihm die Qualität Langhoffs als Schauspieler. Und hier landet Rieser einen Volltreffer, denn Langhoff wird, neben Therese Giehse, zum «Publikumsliebling» am Schauspielhaus.
Zunächst allerdings gibt es für Langhoff Probleme mit der Kantonalen Fremdenpolizei. Die von ihr verlangte «Toleranzbürgschaft» in Höhe von 2000 Franken kann Langhoff nicht aufbringen. Dringender sind für ihn die Zahnarztrechnungen, da ihm im KZ «Börgermoor» die Zähne ausgeschlagen worden waren. Am 11. Februar 1935 fordert ihn die kantonale Fremdenpolizei «…letztmals auf, die verlangte Bürgschaftsverpflichtung beizubringen. Sollte dieselbe bis zum 25. ds. nicht eingehen, wären wir genötigt, gegen Sie die Wegweisung zu verfügen.» (Frep.Kat. ZH, Aktenzeichen Z 1800.583/Kz)
Im gleichen Jahr erscheint im «Schweizer Spiegel Verlag» Wolfgang Langhoffs «Die Moorsoldaten», ein, so der Untertitel, «unpolitischer Tatsachenbericht» über seine Haftzeit im Konzentrationslager «Börgermoor». Eine Sensation. Plötzlich ist der Autor für Lesungen in der ganzen Schweiz gefragt. Nur für kurze Zeit allerdings:
«Zug. Heute hätte der vom heutigen Deutschland ausgebürgerte Schriftsteller und Schauspieler Wolfgang Langhoff über sein Buch «Die Moorsoldaten», das sich mit den Zuständen in einem deutschen Konzentrationslager befasst, sprechen sollen. Unter dem Gesichtspunkt der ‚Beziehungen zu einem Nachbarstaat` ist der Vortrag, von den zuständigen eidgenössischen Instanzen untersagt worden.» (Basler Nachrichten 10.3. 1936)
Eine behördliche Intervention mit wenig Wirkung. Im gleichen Jahr erscheint die 35. Auflage seiner «Moorsoldaten» in der Schweiz.
Nach dem 2. Weltkrieg verlässt Wolfgang Langhoff Zürich und kehrt in seine kriegszerstörte Heimat zurück, 1946 wird er Intendant des «Deutschen Theaters» in Ost-Berlin. Unter seiner Leitung wird es zu einem der führenden europäischen Bühnen.
Die Regierung der DDR dankt es Wolfgang Langhoff nicht. Weil er sich für den Dramatiker Peter Hacks eingesetzt hatte, muss sich Langhoff 1963 einer demütigenden öffentlichen «Selbstkritik» unterziehen. Anschliessend wird er als Intendant des Deutschen Theaters entlassen.
Martin Kreutzberg, 2021