Blaupause Höngg für Fluntern
Sie haben einiges gemeinsam: Die Zürcher Quartiere Höngg und Fluntern. Beide an einem sonnigen Südwesthang gelegen, beide mit Blick über die Stadt Zürich. Auch historisch haben Fluntern und Höngg viel Gemeinsames. In beiden Gemeinden war über Jahrhunderte der Rebbau Haupterwerbszweig.Schaut man von der Europabrücke hinauf nach Höngg, so fallen inmitten der Überbauungen etliche grüne Flecken ins Auge: Hönggs Rebberge. Gleich sieben sind es. Von unterschiedlicher Grösse und Lage: Vom 3,2 Hektar grossen Rebberg «Am Chillesteg» bis hinauf zum 550 Quadratmeter kleinen «In der Waid», dem höchsten Rebberg in Zürich. Hier erreichen die Weine 90 Öchselgrade, eine Spitzenqualität.
Die Renaissance des Höngger Weinbaus begann in den achtziger Jahren. Damals gehörte viel Phantasie, Optimismus und Durchhaltevermögen dazu, die Höngger Rebbautradition revitalisieren zu wollen. Schliesslich dauert es fünf Jahre vom Setzen eines Rebstockes bis zur ersten Flasche Wein. Heute werden in Höngg jährlich einige Tausend Flaschen produziert.
Aussergewöhnliche Partnerschaften
Von Anfang an war es ein Gemeinschaftsprojekt sehr unterschiedlicher Partner. Ein Teil Rebberge gehört der Stadt Zürich. Unterhalten werden sie von «Grün Stadt Zürich», das im Laufe der Jahre erhebliche Mittel in die Höngger Rebberge investierte. Ein anderer Teil ist im Besitz von privaten Eigentümern, wie dem «Obst- und Weinhaus Wegmann». Sie bewirtschaften die Rebberge «Am Eggbühl» und «Im Frankental» in integrierter, d.h. umweltschonender Produktion. In ihrem Hofladen sind Weine wie «Harmonie», «Symphonie» oder der «Höngger Bijoux» erhältlich.
Und dann gibt es Mischformen. So steuerte die Mattys AG, ein seit Generationen mit Höngg verbundenes Familienunternehmen, einen Teil ihres Grundstücks zur Vergrösserung eines städtischen Rebberges bei.
Miteinander
1986 erhielt jedes Mitglied der Zunft Höngg ein Geschenk: einen Rebstock. Damals übernahm die Zunft ihre Rebstöcke in persönliche Patenschaft. Heute produziert sie im Rebberg «An den Klingen» ihren eigenen Zunftwein.
Im «Riedhof» werden 350 Rebstöcke vom Trachtenverein Höngg bewirtschaftet. «Das Schneiden, Einschlaufen, Aufbinden, Ausschneiden und die Wümmete im Herbst übernehmen unsere Mitglieder», so Brigitte Vetterli, die Vizepräsidentin des Höngger Trachtenvereins. Und zwar «unter fachkundiger Anleitung eines Rebmeisters, der eigens deshalb eine Ausbildung an der Rebbauschule in Wädenswil absolvierte.»
Der jüngste und kleinste Rebberg von Höngg «Zum Chranz», Eigentümerin ist die Stadt Zürich, wird ebenfalls von Hönggern gepflegt, von der «Weinbaugruppe zum Chranz». Ganze 400 Quadratmeter ist er gross. 2008 angelegt, lieferte er 2013 erstmals einen Ertrag: 190 Flaschen Prior.
Höhepunkt der gemeinsamen Anstrengungen ist dann jeweils im Herbst das «Höngger Weinfest», das von den Hönggern zusammen mit vielen auswärtigen Besucher/innen gefeiert wird.
Martin Kreutzberg